Gott, ein Freund des Lebens – Bleiben – Sich aufmachen

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Drei Bildworte aus Lesung und Evangelium

Liebe Julia, lieber Thomas, liebe Stephans und Ermels und alle Ihr, die Ihr mit ihnen verbunden seid,

eine Verschnaufpause, mehr ist die Predigt im Rahmen eines Traugottesdienstes nicht. Für die einen ist sie so etwas wie ein „gleich wird es ernst“, für die anderen eher so etwas wie „jetzt bin ich gespannt, was der uns sagen wird“, für wieder andere vielleicht eine Zeit, abzuschalten und sich die vielen Bilder über Euer beider Kindheit, Jugend, Schulzeit und Zeiten im Chor oder im Studium nochmal vor Augen zu führen. Und so will ich versuchen, diese Verschnaufpause so zu füllen, dass alle drei Gruppen – und vor allen Dingen Ihr beide – sie gut nutzen könnt.

Drei Bilder oder Bildworte bringe ich mit, die ich aus den beiden Texten nehme, aus Lesung und Evangelium, und die ich auf Euch beide und auf den Moment jetzt beziehen möchte, auf die Verschnaufpause, bevor es dann ernst wird.

Gott – ein Freund des Lebens

Das erste Bildwort ist aus dem Buch der Weisheit, aus der Lesung. Sie endet mit den Worten „Du schonst alles, weil es Dein Eigentum ist, Herr, Du Freund des Lebens.“ Das ist ein wunderschöner Name für den, den wir Christen „Gott“ nennen: „Freund des Lebens“. Da geht der Blick erst einmal auf Eure Eltern – Julia und Thomas sind Euch geschenkt, gegeben worden – ein Geschenk, dass Ihr genießen dürft, dass Ihr heute in tiefer Dankbarkeit annehmen dürft. Da hat sich Gott Euch gegenüber (und uns, den Geschwistern, Verwandten, Freundinnen und Freundinnen der beiden gegenüber) doch als „Freund des Lebens“ erwiesen. Der zweite Blick geht auf Julia und Thomas. Irgendwie seid Ihr zusammengekommen. Man mag es Zufall oder Schicksal nennen, mein Wort dafür ist Fügung. Da zeigt sich Gott doch als Freund von Thomas‘ Leben genau wie von Julias Leben. Dieses tiefe Gefühl von „wir gehören zusammen“ – in der Ehe besonders, aber auch in aller Freundschaft, wie gut ist es, dafür einem „Freund des Lebens“ gegenüber dankbar sein zu können. Und der dritte Blick, der geht von Euch beiden als Paar aus. Überall dort, wo Ihr Euch als „Freund/Freundin des Lebens“ erweist, überall dort kommt Gott selbst durch Euch beide zur Welt. „Du liebst alles, was ist“, heißt es in der Lesung. Schaut Euch Eure Welt an, nehmt liebend und in Freude an, was sie Euch vor die Füße legt. Werdet füreinander und miteinander, werdet mit Gott, vor Gott und in Gott zu „Freund und Freundin des Lebens“, und hört niemals auf damit.

Bleiben

Das zweite Wort ist „Bleiben“. Zwölfmal wird es im Evangelium genannt, eine Zahl, die für sich spricht! Am Weinstock bleiben, in der Liebe bleiben, zusammenbleiben als „Freund und Freundin des Lebens“ des anderen, der anderen – zwölfmal, die ganze Lebensuhr hindurch, den ganzen Lebenskreis hindurch. „Bleiben“ klingt so wahnsinnig passiv – nehmt mich als Beispiel: Ich möchte nicht mehr weg aus Köln, bin unbeweglich geworden. Aber: Ich muss viel dafür tun, in dieser Stadt bleiben zu können. Das Bleiben am Weinstock Gottes, das Bleiben in der Liebe, in der Ehe ist eben alles andere als passiv. Fragt mal Eure Eltern, welche Vielfalt an Aktivitäten es braucht, um bleiben zu können, um bleiben zu wollen. Wie Ihr wisst, liebe ich Filme, unter andrem auch TITANIC, und darin die Szene, in der Jack Dawson vielleicht das ruft, was Thomas jetzt fühlt: „Ich bin der König der Welt!“ – und die Szene am Bug des Schiffes, wo Rose sich mit offenen Armen dem Fahrtwind entgegenstellt und von Jack gehalten wird. Seine Worte sind: „Ich halte dich, ich lasse Dich nicht los!“. Bleiben – sich halten, sich nicht loslassen auch in allem Gegenwind, die Eure Ehe sicher auch einmal erfahren wird, das ist absolut nichts Passives. Ich kann Euch nur wünschen, dass Ihr immer wieder ganz aktiv werdet, um in Eurer Liebe bleiben zu können, die letztlich Gottes Liebe ist.

Aufmachen und Frucht bringen, die bleibt

Und schließlich das dritte Wort, es ist ein ganzer Satz: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt!“ Da ist es wieder, das „Fügen“. Gott selbst sagt: „Ich habe Euch erwählt und dazu bestimmt…“ – das dürft Ihr heute besonders feiern, dass Gott Euch zusammengeführt hat, Euch füreinander bestimmt hat. Und jetzt kommt mein liebstes Wort: „…dass Ihr Euch aufmacht…“ Aufmachen hat einen doppelten Sinn. Es hat mich „sich öffnen“ zu tun, mit Offenheit füreinander, für die Belange in Euch und für die Belange derer um Euch herum. Und „sich aufmachen“ hat mit Aufbruch zu tun, nicht mit Stehenbleiben, mit Festhalten, sondern mit Bewegung, mit Gehen und Weitergehen. Zwölfmal „bleiben“ heißt letztlich zwölfmal „aufbrechen“, heißt weitergehen durch ein ganzes Leben hindurch. Und dann „Frucht bringen, die bleibt“. Das ist, wie Ihr wisst, mein liebstes Thema, so zu leben, dass Leben Frucht bringt, so, dass Leben zum Blühen, zum Wachsen kommt, so, dass die Seele satt wird.

Die Worte der Trauung

Alle drei Worte werdet Ihr gleich im Trauspruch zueinander sagen. Ihr nennt einander beim Namen: „Julia, ich nehme Dich an als meine Frau“ und „Thomas, ich nehme Dich an als meinen Mann“. Im Namen und im „ich nehme Dich an“ steckt die ganze Vergangenheit drin, die Ihr mitbringt. Da steckt der Moment der Gegenwart, das Hier und Jetzt drin. Und da steckt der Weg durchs Leben, da steckt Eure ganze Zukunft drin. „Ich will Dich lieben, achten und ehren“ – das meint das „Bleiben“ in seiner ganzen Aktivität. Und das „Trag diesen Ring als Zeichen meiner Liebe und Treue“ – da ist das Fruchttragen mitgemeint, das gemeinsame Leben als eine runde Sache, die sichtbar werden will und sichtbar werden soll, so, dass es ein fruchtbares Leben wird für Euch und durch Euch, für die um Euch herum.

Halten wir einen Moment Stille vor Gott, dem Freund des Lebens, und stellen wir uns ein auf Euer Versprechen, beieinander zu bleiben, Euch immer wieder aufzumachen und Frucht zu bringen.

Amen.

Harald Klein, Köln