17. Sonntag im Jahreskreis – „… in Gedanken, Worten und Werken“

  • Anstößig - Darüber lohnt es zu reden
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Nein, es geht nicht ums Sündigen!

Es mag sein, dass du noch Gottesdienste besuchst oder dass du noch Erinnerungen an „früher“ – die katholischste aller Zeitumschreibungen – hast, dann ist dir der Dreischritt der Überschrift bekannt. Im Sündenbekenntnis, dem ersten gemeinsamen Gemeindegebet im Gottesdienst, heißt es: “Ich bekenne Gott unserem Vater, dass ich Gutes unterlassen und Böses getan habe. Ich habe gesündigt, in Gedanken, Worten und Werken…“ und es folgt das dreifache Schuldeingeständnis („durch meine Schuld, durch meine Schuld, durch meine große Schuld“) und die Bitte um Vergebung („Darum bitte ich die selige Jungfrau Maria, alle Engel und Heiligen, und Euch, Brüder und Schwestern, für mich zu beten bei Gott unserm Herrn. Amen“) – und es folgt die Vergebungsbitte des Priesters, vielleicht stellvertretend für die „Brüder und Schwestern“, was eher schade ist. Ich könnte es gut haben, für jemanden zu bitten, zu beten oder auch von jemandem vertrauensvoll ins Gebet genommen zu werden – in aller Mehrdeutigkeit dieser Phrase. Gut zu wissen, dass man das eine tun kann und das andere nicht zu lassen braucht.

» Gebet als Mittel, die Gottheit mit unseren Bedürfnissen zu konfrontieren und unsere eigenen Interessen auszudehnen bis zum Himmel – wenn es so steht, ist Beten nur ein erster Akt, auf sich selbst aufmerksam zu machen;... «
Drewermann, Eugen (2009): Das Lukasevangelium Bd.1: Bilder erinnerter Zukunft, Düsseldorf, 646.

Es geht ums Beten – mit den rechten Worten!

In Lk 11,1-13 geht es ums Beten! Im Kapitel davor – letzten Sonntag hast du es gelesen – ist Jesus zu Gast bei Maria und Martha, jetzt geht es weiter in Richtung Jerusalem. Während er alleine und für sich betet, kommt ein Jünger zu ihm und bittet: „Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger zu beten gelehrt hat.“ Ein Namenloser ist es, und du darfst ihm ruhig deinen Namen geben: „Herr, lehre du mich beten!“

Die Antwort Jesu kannst du getrost selbst weitersprechen: „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater uns er im Himmel…“ – Die gesprochenen Gebete habe zuallererst einen Gemeinschaftscharakter, man betet sie gemeinsam, und sie sind so etwas wie verbale Urkunden in der Horizontalen, das du „dazugehörst“. Wir teilen die Worte, und wir teilen uns mit im Gebet, dass wir an den einen Adressaten glauben. Ich wüsste nicht, was der Vater im Himmel davon hätte, wenn 30 Ordensschwestern in zwei Gruppen Psalmen rezitieren, außer vielleicht, dass sei ein Versprechen einhalten, das sie ihm gegeben haben; und natürlich, dass dieses Weise des Betens die Tagzeiten und die liturgischen Zeiten strukturiert und eine wiedererkennbare Form gibt – weil wir das nun einmal so machen. Das Wir wird so – horizontal – konstituiert! Beten in Worten – mir scheint, das gilt eher dir selbst, deiner Selbstvergewisserung und der Bestätigung nach innen und außen, irgendwie dazuzugehören.

» Jesus ging es darum, durch das Vertrauen in die unbedingte Güte Gottes überhaupt erst die Möglichkeit eines ‚Gutseins‘ in moralischem Sinne zu schaffen; endlich sollte damit Schluss sein, dass Menschen im Schatten des Gesetzes glauben mussten, allein auf Grund ihres Rechtsverhaltens und der von ihnen erbrachten Leistungen zum Dasein zugelassen zu sein. «
Drewermann, Eugen (2009): Das Lukas-Evangelium Bd.1: Bilder erinnerter Zukunft, Düsseldorf, 109.

Es geht ums Beten – mit den rechten Werken

Aber dann: Jesus hängt an das Vaterunser und das „Beten mit Worten“ das Gleichnis vom bittenden Freund und das Beten mit dem angemessenen Werk an. Er stellt dir einen deiner Freunde vor Augen, der um Mitternacht anklopft und dich um drei Brote bittet; ein Freund sei gekommen, und er habe ihm nichts anzubieten. Sicher mit einem Schmunzeln auf den Lippen fährt Jesus fort: „Wenn er schon nicht deswegen aufsteht und ihm seine Bitte erfüllt, weil er sein Freund ist, so wird er doch wegen seiner Zudringlichkeit aufstehen und ihm geben, was er braucht.“ Das rechte Werk tun, weil du es gerne tust, weil es angemessen ist – oder schlicht, weil es die Welt um dich herum ein wenig heller und heiler macht. Du siehst, nicht nur Sündigen, auch Beten geht in Worten und Werken! Und auch das geschieht auf einer horizontalen Ebene.

» Sich für die Gnade der Kontemplation zu bereiten, besteht in der doppelten Wende: von außen nach innen und vom Denken und Tun zum Schauen. «
Jalics, Franz (2006): Der kontemplative Weg, Reihe Igntianische Impulse Bd.14, Würzburg, 46.

Es geht ums Beten – mit den rechten Gedanken

Den Schlusspunkt eröffnet Jesus in seiner kleinen Gebetsschule mit Worten, die du sicher auch kennst: „Darum sage ich euch: Bittet, dann wird euch gegeben; sucht, dann werdet ihr finden; klopft an, dann wird euch aufgetan.“ Mir scheint das Wort der Haltung angemessener als das Wort der Gedanken. Aber egal, wie du das siehst: es geht um eine Haltung, um Gedanken und um ein Empfinden des Vertrauens. Ich vertraue mich (1) im Wort, im Tun, in meinem Gedanken und Haltungen Jesus an, lasse ihn mit „draufschauen“ und höre, ob ich einen Impuls, einen Hinweis, eine Anfrage von ihm spüre. Beten halt, so wie du es auch kennst. Aber: Ich vertraue mich auch (2) im Wort, im Tun, in meinem Gedanken und Haltungen dir an, lasse dich mit „draufschauen“ und höre, ob ich einen Impuls, einen Hinweis, eine Anfrage von dir bekomme. Und schließlich (3) vertraue ich mich auch mir selbst an, im Wort, im Tun, in meinem Gedanken und Haltungen, schaue von verschiedenen Perspektiven drauf und höre in mich hinein, ob ich einen Impuls, einen Hinweis, eine Anfrage erahne. Das ist der Punkt, an dem Beten in Meditation umschlägt – oder umgekehrt, wo Gebet aus der Meditation herauswächst.

» Die einzige Weise, mit Sicherheit zu erkennen, wie wir zu Gott stehen, liegt darin, alle unsere menschlichen Beziehungen zusammenzunehmen und anzuschauen. Was in diesen Beziehungen vorhanden ist, das ist auch in unserer Beziehung zu Gott vorhanden. «
Franz Jalics

Ich bete – in Gedanken, Worten und Werken

Nein, es geht nicht ums Sündigen. Es geht um die kleine Gebetsschule Jesu in Lk 11. Das, was dich und mich ins Sündigen zu führen vermag – Gedanken, Worte, Werke – ist dasselbe, was uns betend mit dem Auferstandenen und seinem Heiligen Geist, was uns untereinander und was dich zutiefst mit dir selbst verbindet. Gedanken, Worte, Werke – sie alle sind in sich gesehen indifferent, sagt Ignatius von Loyola; erst die Art und Weise des Gebrauchs lassen sie zur Sünde werden – oder eben zum Gebet.

Mein Wunsch: Hab das im Kopf und im Herz, wenn du Jesus bittest: „Herr, lehr mich beten.“

So viel für heute, und für diese Woche.

Köln, 15.07.2025
Harald Klein