Stimmen die Stimmen?
Das Evangelium von der Verklärung Jesu – wenn du es nicht kennst, schau es dir bitte an, um mitgehen zu können, was mich in diesem Jahr anspricht an diesem Text. Und schau dir dabei am besten gleich an, wer wie seine Stimme erhebt, denn darum soll es gehen. Es geht um die Frage, ob und wann Stimmen stimmen. Ob die Stimmung, die die Stimmen bewirken, echt und aus sich selbst wirksam ist. Oder ob es vielleicht nur die Stimme des eigenen Vogels ist, den z.B. die drei Jünger zum Heiligen Geist erheben.
Die stumme Stimme Jesu
Zuerst die stumme Stimme Jesu. “Während er betete, veränderte sich das Aussehen seines Gesichtes und sein Gewand wurde leuchtend weiß“, erzählt Lukas, der Evangelist, in Lk 9,29. So bei sich, so bei dir sein, so in der reflektierenden oder vorweggenommenen Begegnung mit einem oder einer anderen sein, dass dein Gesicht, deine Mimik sich verändert (sei es zum Guten oder zum Schlechten) – zumindest im Guten möchte ich behaupten, dass da aus einem alltäglichen Gesicht ein besonderes „An-Gesicht“, wenn nicht sogar ein „Antlitz“ wird. Und wenn dieses Reflektieren oder Vorwegnehmen schon nicht die Kraft hat, dein Gewand leuchtend weiß zu machen, so ist doch nicht von der Hand zu weisen, dass sich deine Haltung ändert, dass es eine Aufrichtung (im anderen Fall ein Einsinken) gibt, an dem Außenstehende erkennen, dass in dir etwas Besonderes geschieht. Verklärung eben.
Mose, der Richter – Elija, der Visionär
Jetzt Lukas, der Evangelist: „Und siehe, zwei Männer redeten mit ihm. Es waren Mose und Elija; sie erschienen in Herrlichkeit und sprachen von seinem Ende, das er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9, 30f) Du kannst Mose und Elija vergleichen mit den beiden Archetypen des Richters und des Visionärs, die Anne Vonjahr in ihrer „Phönixerfahrung“ beschreibt. In den das Buch[1] begleitenden Karten[2] ist die Botschaft des Richters: „Ich helfe dir, herauszufinden, was sicher, wahr und gerecht ist.“[3] Die Botschaft des Visionärs geht über die Gegenwart hinaus: „Wenn du den Horizont betrachtest, dann sieh nicht nur das, was du erwartest, sondern auch das Unsichtbare, das, was möglich ist.“[4]
Während Jesus in der „Begegnung“ mit Mose, dem Richter, und Eija, dem Visionär ist, schlafen die ihn begleitenden Jünger Petrus, Johannes und Jakobus. Als sie aufwachen, sehen sie Jesus in strahlendem Licht, in seiner Ausstrahlung, hat er doch etwas „gehört“, für das zu leben sich lohnt. Lukas erzählt weiter, dass diese drei Jünger die beiden (für sie namen- und gesichtslosen) Männer sehen – nicht: hören! – und als der Moment kommt, da die zwei sich von ihnen (!) trennen wollen, schlägt Petrus vor: „Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija – er wusste aber nicht, was er sagte“ (Lk 9,33).
Die Stimme aus der Wolke
Der nächste Vers verschleiert das alles: „Während er (i.e.: Petrus) noch redete, kam eine Wolke und überschattete sie. Sie aber fürchteten sich, als sie in die Wolke hineingerieten. Da erscholl eine Stimme aus der Wolke: dieser ist mein auserwählter Sohn, auf ihn sollt ihr hören. Während die Stimme erscholl, fanden sie Jesus allein. Und sie schwiegen und erzählten in jenen Tagen niemandem von dem, was sie gesehen hatten“ (Lk 9,34-36).
Entdeckst du die Umkehrung des Anfangs? Im ersten Teil schlafen die Jünger, und Jesus hält innere Zwiesprache mit Mose, dem Richter und Eija, dem Visionär. Nur er hört sie, spricht mit ihnen, tauscht sich aus, die Jünger schlafen. Im zweiten Teil werden die Jünger von außen angesprochen, alle drei können die Stimme hören, denn alle drei schweigen von dem, was sie gehört haben – und finden Jesus allein. Es scheint, als habe in der Geschichte der Verklärung Jesu die innere Stimme Jesus, die äußere Stimme den Jüngern gegolten.
und es hat mich hierher geführt. «
Die Phönixerfahrung Jesu – und deine Phönixerfahrung
Den Weg durch diese Fastenzeit begleitet Anne Vonjahrs Buch und ihre Karten. In Verbinddung damit scheint das Evangelium von der Verklärung mir dreifach wichtig: (1) Richter und Visionär: Buch und Karten können helfen, gute „Archetypen“ in mir zu wecken, innere Stimmen, die nur ich höre und von denen ich mir ein Wachstum, einen Neubruch erhoffe. (2) Die Stimme aus der Wolke: Auf diesem geistlichen Weg in ein Mehr an Leben ist es hilfreich, auch auf äußere Stimmen weiser Menschen zu hören, denn… (3) Petrus und seine Idee „Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija“ zeigten, wie groß die Gefahr ist, den eigenen Vogel für die Stimme des Heiligen Geistes zu halten. Es gilt zu unterscheiden, zu entscheiden, entschieden zu leben.
Soviel für heute – und für die kommende Woche!
Köln, 14.03.2025
Harald Klein
[1] Vonjahr, Anne (2023): Die Phönixerfahrung. Wie du auf einer magischen Reise deine Schatten heilst und dein wahres Selbst erkennst, München.
[2] Vonjahr, Anne (2024): Die Phönixkarten. 44 Archetypen für dein inneres Licht (incl. 188seitiges Begleitheft).
[3] a.a.O., 147.
[4] a.a.O., 175.