Alt werden als besondere Aufgabe – im doppelten Sinne
Den 60. Geburtstag zu feiern scheint mir eine besondere Aufgabe – und das im doppelten Sinne. Mir ist die 60 die Zahl, an die ein Auf- und Abgeben von Vielem gebunden ist, was nicht mehr geht, nicht mehr stimmt oder stimmig erscheint. Und gleichzeitig, wie bei einem Januskopf, geht der Blick auf das hin, was zum einen bleibt, was zum anderen aber – welch Wunder – noch einmal neu dazukommen will. Was wird das Gesicht des Sechzigjährigen ausstrahlen? Oder anders: Wird es (noch) strahlen? Ist Verbitterung wegen des Lassens und des Verlustes von so Vielem an den Augen abzulesen? Oder gibt es so etwas wie eine Neugier auf die Jahre, die (noch) bleiben, die (noch) kommen?
Hermann Hesse: Vom Wert des Alters
Wie so oft ist Hermann Hesse mir hier Lehrer. Nicht nur in Worten! Die Fotos, die sein Sohn Martin von ihm im Alter gemacht hat, und die eingeflossen sind in den einen wunderschönen Sammelband des Fischer-Verlages (Hesse, Hermann <42018>: Vom Wert des Alters. Mit Fotografien des Dichters von Martin Hesse, Frankfurt/Main) zeigen einen alten Mann, der von innen heraus strahlt. Hesses Altern, Hesses Rat und auch seine Ironie dem Leben gegenüber tut mir gut, kurz vor dem Sechzigsten. Eine kleine Auswahl möchte ich Ihnen in diesem Monat in „verw.ortet“ weitergeben, eben als Worte, die Grund sind, auf denen Sie stehen und bauen können, als Worte, die eben Grund sind. Alle Zitate sind diesem Buch entnommen, die Seitenzahlen sind in Klammern angegeben.
Köln, 31.05.2021
Harald Klein