Alles auf eine Karte setzen

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Spielen Sie Doppelkopf?

Ich habe keine Ahnung, ob Sie, die Schwestern, Skat spielen oder – noch besser – Doppelkopf. Denn vom Doppelkopf will ich Ihnen heute predigen. Man spielt es mit zwei Kartenspielen, immer ohne die Siebener und Achter, meist auch ohne die Neuner. Das gibt dann zehn Karten für jeden Spielenden, und die beiden, die jeweils eine Kreuz-Dame haben, spielen gegen die anderen. Ziel ist es, den Partner zu finden und gemeinsam mit ihm zu gewinnen.

Beim Spielen kann es Ihnen gehen wie dem Jeremia: „Weh mir, Mutter, dass Du mich geboren hast…“ – manches Blatt ist wirklich erbärmlich! Oder auch „Warum dauert mein Leiden ewig…“ – mancher Spieleabend geht wirklich schlecht für einen Spielenden aus. Aber es kann den Spielenden auch gehen wie dem Mann, der auf einmal in seinen zehn Karten einen Schatz im Acker oder eine besonders wertvolle (nicht Perle, aber) Karte findet. Egal, wie schlecht sein Partner spielt, wie schlecht seine Karten sind, er wird gewinnen – und vielleicht wagt er sogar ein Solo gegen die anderen drei, je nach Kartenlage.

Doppelkopf ist Lebensschule

Ich habe meinen damaligen Schülerinnen und Schülern jetzt meinen Studentinnen und Studenten immer beigebracht, dass Doppelkopf eine „Lebensschule“ ist. Drei Gründe dafür, die ich an die Lesung und das Evangelium anlehne:

Zum einen: Sie spielen nicht allein, sondern zu zweit! Jeremia hadert mit Gott, spricht mit Gott – aber er weiß, dass Gott sein Partner ist. Er kann ihm seine Traurigkeit über die schlechten Karten klagend vorhalten, aber er weiß nicht, wie die Karten seines Partners aussehen. Und wer weiß, vielleicht gewinnt er ja mit ihm zusammen.

Zum zweiten: „Kamen Worte von Dir, so verschlang ich sie; dein Wort war mir Glück und Herzensfreude; denn dein Name ist über mir ausgerufen, Herr, Gott der Heere.“ Wenn Jeremias Karten auch schlecht sind, so kann er doch auf das hören, auf das schauen, was sein Partner sagt, macht, und sich an ihn anhängen. Und wer weiß, vielleicht gewinnt er ja mit ihm zusammen.

Und zum dritten: Im Partnerspiel kann Jeremia alles auf eine Karte setzen – nicht auf die Karten in der eigenen Hand oder in der Hand des Partners; der Partner (Gott) selbst ist für Jeremia die Karte, auf die er setzt – und umgekehrt ist Jeremia die Karte, auf die Gott setzt.

Alles auf die eine Karte setzen

Das wäre meine Predigt für heute: Wenn Sie mit guten Karten spielen, vergessen Sie Ihren Partner nicht, und den, der sie ausgeteilt hat. Und bei einem schlechtem Blatt – setzen Sie alles auf die eine Karte, die Ihr Partner ist.

Harald Klein, Köln