Epiphanie: Auf dem Königsweg zum Leben

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Ein kleines und ein großes „L“

In der Vorbereitung eines Exerzitienkurses für die Advents-und die Weihnachtszeit fiel er mir im Spätherbst 2018 zum ersten Mal auf, dieser kleine Unterschied zwischen dem „Auf, werde licht“ und dem „denn es kommt Dein Licht“ in der ersten Lesung aus Jesaja. Vom „Ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt“ hätte ich darauf geschlossen, dass es „Auf, werde Licht“ heißen müsste. Heißt es aber nicht. Der Aufruf des Jesaja zielt drauf, „licht“ zu werden. Und die Geschichte der Sterndeuter, in unserer Sprache oft als Könige gedeutet, die zu diesem Fest der Erscheinung des Herrn gehören, zeigt, was das heißen kann und wie der Weg dahin aussehen mag. Das „licht werden“ steht im Zusammenhang mit den Sterndeutern, den Königen. Um eine Königsweg zum Leben kann es dabei gehen. Und natürlich kann das “Einatmen. Ausatmen. Weitermachen. dem Ganzen noch eine Struktur geben.

Am Anfang: den Stern suchen

„Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“, so erklären die Sterndeuter dem Herodes ihren Weg. Um „licht“ zu werden, haben sie Gewohntes, haben sie ihren Besitz, ihre Familien, ihren Status verlassen und sind Reisende geworden. Das Ziel muss lohnen, um so etwas zu wagen. Im Gewohnten, im Alltäglichen zu bleiben wäre leichter für sie gewesen.

Um dem Geheimnis dieses Festes auf die Spur zu kommen, kann die Frage nach Ihrem Stern helfen, die Frage danach, ob Ihnen etwas, ob Ihnen jemand leuchtet, ob Ihnen ein Licht aufgegangen ist, dem es lohnt, nachzufolgen und vieles hinter sich zu lassen. Oder die noch grundlegendere Frage, ob Sie sich vorstellen können, dass Ihnen ein solcher Stern leuchten will. Atmen Sie mit „Stern“ ein, halten Sie bei Sternstunden inne, die sich Ihnen zeigen, und lassen Sie beim Ausatmen die Bilder, die Erfahrungen, die Impulse los, die Sie mit „Stern“ oder „Sternstunden“ verbinden. Und irgendwann in diesem Beten gehen Sie von der Vergangenheit über die Gegenwart zur Zukunft über. Jetzt geht es einatmend um die Haltung der Bitte nach einem Stern, der Sie leiten möge. Und vielleicht zeigen sich dann ja schon erste kleine Lichtpunkte, die es gut zu unterscheiden gilt. Und nachspüren: gibt Ihnen das eher Ruhe, oder versetzt es Sie in Unruhe? Spüren Sie eher den Impuls zum Rückzug, oder drängt es Sie eher zu einem Aufbruch?

Dem Stern trauen

Es ist Herodes, der der sich über diesen Stern erschreckt. Und es sind die Sterndeuter, die Könige, die dem Stern trauen. Es sind die unlauteren Motive des Herodes, der einen Aufbruch andeutet, und es ist die tiefe Sehnsucht der Sterndeuter, der Könige, die dann wahrhaftig aufbrechen. Im Ein- und Ausatmen unterscheiden zwischen Schrecken und Vertrauen, zwischen den Motiven, die einen Aufbruch verhindern oder einen Aufbruch fördern. Und nur dann anders Weitermachen, oder beim Altgewohnten bleiben. Das wäre der zweite Schritt eines „königlichen Verhaltens“ an diesem Fest.

Und direkt damit in Zusammenhang steht die Führung durch den Stern. Königlich verhalten sich die Sterndeuter dadurch, dass sie sich nicht ablenken lassen, sondern ihrer Vision, ihrer Schau folgen, solange, bis er – nicht sie – das Ziel zeigt. Auch das geschieht über den Dreischritt des „Einatmens. Ausatmens. Weitermachens.“ Immer wieder innehalten, einatmend die Realität überprüfen, die sich zeigt, ausatmend sie auf ihre „Stern-Tauglichkeit“ hin befragen, und weitermachen in der Richtung, die der Stern zeigt.

Die Freude und die Klugheit der Könige

Der Stern bleibt irgendwann stehen. Und erst in diesem Moment ist von der Freude der Sterndeuter die Rede. In dieser Freude gehen sie zur Krippe, zum Kind, und gehen vor ihm in die Knie. Diese Zusage der Freude kann den Zweifelnden zum Aufbruch motivieren. Sie hat die Kraft, Gewohntes und alltäglich Gewordenes aufzugeben und im wahrsten Sinne des Wortes hinter sich zu lassen. Sie können sich atmend dieser Freude der Sterndeuter annähern und sich Kraft davon geben lassen.

Und Sie können sich einschwingen in die Klugheit der Sterndeuter, die einen anderen Weg rück „nach Hause“ wählen, um dem, der ihnen die Freude zu nehmen vermag, aus dem Weg zu gehen.

Einfach „licht“ werden

Das „licht“ werden steht mit dem „leicht“ werden in Zusammenhang, und „licht“ leben kann „leicht“ leben heißen, und es ist gerade so mit dem „Licht“ sein und „Licht“ werden verbunden. Mir scheint, es hängt alles an der Frage, glauben zu können, dass mir ein Stern geschickt werde, den ich deuten kann – als Vision auf ein leichteres Leben hin. Es hängt am Wagnis, Gewohntes aufzugeben und hinter mir zu lassen, und aufzubrechen auf einem Weg, dessen Ziel ich noch gar nicht kenne, an dessen Ende aber eine Freude am Leben und an allem Lebendigen verheißen ist. Diesen Schritt nicht unüberlegt gehen, nicht atemlos hinter dem Stern her sein. Sondern stattdessen über das Einatmen der Orientierung, über das Ausatmen der unlauteren Motive ins Weitermachen auf diesem Weg zu gelangen. Und so Schritt für Schritt der Freude entgegenzugehen, die unter einem guten Stern wohnt.

Agra/Indien, 06.01.2019
Harald Klein