„Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna…“
Wenn man, jetzt etwas betagt, in der kirchlichen Jugendarbeit groß geworden ist, gibt es Bücher und gibt es Musik, die man halt so kennt: man hat sicher den „Kleinen Prinzen“ gelesen und weiß genau, womit allein man richtig gut sieht; man schämt sich heute etwas dafür, Liede wie „Wenn das Rote Meer grüne Welle hat“ gesungen zu haben oder das „Das könnte den Herren der Welt ja so passen“ im Wechsel mit „Christ ist erstanden“. Irgendwie haben wir damals – und tun wir es heute – versucht, mit unseren Sinnen, im Hinsehen, im Hinhören, im Anpacken einen Geschmack von Gott zu bekommen. In unserem Tun bewegen wir uns auf Gott zu, „gottwärts“, könnte man sagen.
Ein kleines fünfjähriges Mädchen namens Anna hat das in den leisen Tönen eines britischen Buches von 1974 auch getan: „Hallo, Mister Gott, hier spricht Anna“. Der Schriftstelle Fynn nimmt die kleine Ausreißerin Anna bei sich auf, und in den drei Jahren des gemeinsamen Wohnens erwächst eine Freundschaft. Anna stellt trotz ihres Kindesalters – oder gerade deswegen – komplizierte, oft philosophische oder theologische Fragen, in sehr einfachen Worten, und sie glaubt felsenfest an Mister Gott, an den sie sich mit ihren Fragen wendet, wenn sie nicht mehr weiterweiß. Eine Bewegung „gottwärts“: Mit knapp acht Jahren stirbt Anna, voller Neugierde auf diesen „Mister Gott“, dem sie jetzt begegnen wird, da ist sie sicher.
„Hallo, Anna, hier spricht Mister Gott…“
Der vierte Advent beschreibt eine Gegenbewegung: „Der Engel des Herrn brachte Maria die Botschaft…“ – Gott geht „menschenwärts“, würde man ein Buch schreiben, könnte es heißen: „Hallo, Anna, hier spricht Mister Gott!“ Anna glaubt und vertraut felsenfest darauf, dass ihr Mister Gott sie hört, wenn sie zu ihm spricht – spannend wäre es doch, ob Mister Gott genauso felsenfest darauf vertrauen und glauben kann, dass Anna (und in ihrer Stellvertetung Sie und ich) auf ihn hören, zumindest auf ihn hören wollen. „Hallo, Harald… (oder: Hallo, Ihr da…), hier spricht Mister Gott“ – und jetzt?
Auf Gott hören – ein paar Tipps
Lassen Sie mich mit einem bekannten Bild darauf antworten: Erinnern Sie sich, als Deutschlands Balkone und Dächer aufrüsteten, um neue Fernsehprogramme empfangen zu können? Als auf einmal auf den Balkonen und Dächern „Schüsseln“ angebracht wurden und das Stadtbild nicht unbedingt verschönerten? Vielleicht braucht es auch innerlich solche „Schüsseln“, ein solches Aufrüsten, um das Programm des menschwärts gehenden Gottes neu empfangen zu können. Und da hat es Parallelen!
Zuerst einmal brauchen Sie den Willen, dieses neue Programm haben zu wollen, es sehen und es hören zu können (besser. Ihn sehen und Ihn hören zu können). Wie steht es damit? Und wieviel sind sie bereit, dafür zu investieren?
Die gute Nachricht: es ist zwar nicht umsonst, aber dafür gratis! Sie brauchen nur Augen, Ohren, Hände und Herzen zu öffnen – aber wie bei der TV- Schüssel: Sie müssen sich richtig ausrichten! Nicht nach Osten oder nach Westen hin – Sie müssen sich „gottwärts“ ausrichten! So lange experimentieren, bis Sie ein klares Bild und einen sauberen Ton empfangen.
Als Zweites: Die Schwierigkeit – es fehlt der Vergleich – beim Fernsehen ist klar, wann der Bildschirm klar und der Ton ungebrochen ist, aber beim Programm Gottes? Da streiten sich nicht die Fernseh-Installateure, aber die Gottes-Installateure, die Theologen, die Liturgiker, die Dogmatiker, die Exegeten…
Sollen Sie doch, lassen Sie sie doch! Wichtig ist: Sie stellen – übrigens wie Maria in Nazareth – Augen, Ohren, Hände und Herzen auf Empfang: „Mir geschehe nach deinem Wort…“ – dann werden Bild und Ton klar.
Als Drittes: die Frage, welches Programm wird Ihnen da gezeigt? Das „Hör zu“ Gottes werden Sie in der „Hör zu“ kaum abgedruckt finden! Gottes Programm können Sie nur ganz grob strukturiert finden – in Jesu Leben, in seinen Worten, in seiner Botschaft vom Kommen des Reiches Gottes. Irgendwas davon läuft auf dem menschwärts gerichteten Programm Gottes immer!
Und als Viertes: das, was Sie dann hören, sehen, anpacken und im Herzen bewegen, das soll den Tag, das soll Ihre Zeit bestimmen. Das Wort ist Fleisch geworden, heißt es, und das Wort, das Sie jetzt empfangen, will und soll Fleisch werden, durch Sie.
Eine „Schüssel“ für Gott
Also: Lust haben auf das neue Programm, in eine Empfangsschüssel investieren, die Schüssel ausrichten auf Gott, mit Auge, Ohr, Hand und Herz das Programm empfangen und damit in den Tag gehen: „Hallo, Anna, hier spricht Mister Gott“.
Amen.
Harald Klein, Köln