Meister Eckhart, oder: Gott in sich selbst entdecken

  • Anstößig - Darüber lohnt es zu reden
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Eine kurze Einführung:[1]

Meister Eckhart (auch Eckehart, Eckhart von Hochheim; * um 1260 in Hochheim oder in Tambach, + vor dem 30. April 1328 in Avignon) war ein einflussreicher thüringischer Theologe und Philosoph des Spätmittelalters

Als Jugendlicher trat Eckhart in Orden der Dominikaner ein, in dem er später hohe Ämter erlangte. Mit seinen Predigten erzielte er nicht nur bei seinen Zeitgenossen eine starke Wirkung, sondern beeindruckte auch die Nachwelt. Außerdem leistete er einen wichtigen Beitrag zur Gestaltung der deutschen philosophischen Fachsprache. Sein Hauptanliegen war die Verbreitung von Grundsätzen für eine konsequent spirituelle Lebenspraxis im Alltag. Aufsehen erregten seine unkonventionellen, teils provozierend formulierten Aussagen und sein schroffer Widerspruch zu damals verbreiteten Überzeugungen. Umstritten war beispielsweise seine Aussage, der „Seelengrund“ sei nicht wie alles Geschöpfliche von Gott geschaffen, sondern göttlich und ungeschaffen. Im Seelengrund sei die Gottheit stets unmittelbar anwesend. Vielfach griff Eckhart Gedankengut der neuplatonischen Tradition auf. Oft wird er als Mystiker charakterisiert, in der Forschung ist die Angemessenheit dieser Bezeichnung allerdings umstritten.

Nach langjähriger Tätigkeit im Dienst des Ordens wurde Eckhart erst in seinen letzten Lebensjahren wegen Häresie (Irrlehre, Abweichung von der Rechtgläubigkeit) denunziert und angeklagt. Der in Köln eingeleitete Inqusitionsprozess wurde am päpstlichen Hof in Avignon neu aufgenommen und zu Ende geführt. Eckhart starb vor dem Abschluss des gegen ihn eingeleiteten Verfahrens. Da er sich von vornherein dem Urteil des Papstes unterworfen hatte, entging er als Person einer Einstufung als Häretiker, doch Papst Johannes XXII. (1316–1334) verurteilte einige seiner Aussagen als Irrlehren und verbot die Verbreitung der Werke, die diese enthielten. Dennoch hatte Eckharts Gedankengut beträchtlichen Einfluss auf die spätmittelalterliche Spiritualität im deutschen und niederländischen Raum.

Ausgangspunkt für unser Gespräch ist Meister Eckarts These, dass Gott selbst „ungeschaffen“ in Dir, in Deinem Seelengrund lebt, wirkt, zu Dir spricht. Gott lebt sein Leben in Dir und jedem anderen Menschen.

» Wenn du Gott bei der Arbeit im Stalle weniger hast als im Hochamt, dann hast du ihn nicht. «
Eckhart von Hochheim, gen. Meister Eckhart (ca. 1260-1328)

Impulse fürs Gespräch:

Im folgenden sind 20 Zitate von Meister Eckhart gesammelt, die in ungeordneter Reihenfolge verschiedenste Themen seiner Spiritualität aufgreifen. Unterwegs können wir sie in Stille anschauen und wirken lassen, zwei oder drei Zitate können dann ins Gespräch eingebracht werden. Für den Austausch können drei Fragen hilfreich sein:

  • Was hat dieses Zitat in mir angerührt, gerade jetzt, gerade heute zum Klingen gebracht?
  • Wie und wo „verorte“ ich die Aussage dieses Zitates in meinem Leben?
  • Welchen Zuspruch, welchen Anspruch empfinde ich, (wie) will ich ihn umsetzen? Wer/was kann mir dabei helfen, mich unterstützen?
» Jegliche Kreatur ist Gottes voll und ist ein aufgeschlagenes Buch, und wer darin recht zu lesen
weiß, der braucht keine Predigt mehr. «
Eckhart von Hochheim, gen. Meister Eckhart (ca. 1260-1328)

Die Zitate[2]

  1. Das Beste und Herrlichste, wozu man in diesem Leben gelangen kann, ist, dass du schweigst und Gott wirken und sprechen lässt.
  2. Alles Kornes innerste Natur meint Weizen, alles Metall meinet Gold, alle Geburt meinet den Menschen.
  3. Die Liebe beginnt da, wo das Denken aufhört. Wir brauchen aber die Liebe Gottes nicht zu erbitten, sondern wir müssen uns für sie bereithalten.
  4. Du brauchst Gott weder hier noch dort zu suchen; er ist nicht weiter als vor der Tür des Herzens. Dort steht er und harrt und wartet.
  5. Wer werden will, was er sein sollte, der muss lassen, was jetzt ist.
  6. Wer Gott unter bestimmten Formen sucht, der ergreift wohl diese Form, aber Gott, der in ihr verborgen ist, entgeht ihm.
  7. Hätte ich einen Gott, den ich verstehen könnte, ich wollte ihn nimmer für Gott halten.
  8. Das ewige Wort wird nur in der Stille laut.
  9. Ein Lebemeister ist besser denn tausend Lesemeister.
  10. Immer ist die wichtigste Stunde die gegenwärtige; immer ist der wichtigste Mensch, der dir gerade gegenübersteht; immer ist die wichtigste Tat die Liebe.
  11. Gott ist allezeit bereit – aber wir sind sehr unbereit / Gott ist uns nahe – aber wir sind ihm ferne / Gott ist drinnen – wir sind draußen / Gott ist in uns heimisch – wir sind in der Ferne.
  12. Das Auge, mit dem ich Gott sehe, ist das Auge, mit dem Gott mich sieht.
  13. Dich kann niemand behindern als du selbst.
  14. Vom Werk nicht lassen, doch von des Werkes Wirkung. Um Wirkung unbekümmert werken, das ist das hohe Lassen, der Gang der Freien.
  15. Wir hören viel, aber wir hören erst eigentlich, wenn wir die wirren Stimmen haben sterben lassen und nur noch eine spricht. Wir sehen viel, doch sehen wir erst eigentlich, wenn wir die wirren Lichter alle ausgeblasen haben und nur das eine klare, große in die Seele leuchtet, das fern ist aller Geschaffenheit, aller Gespaltenheit.
  16. Gott ist immer in uns, nur sind wir so selten zu Hause.
  17. Wenn du Gott bei der Arbeit im Stalle weniger hast als im Hochamt, dann hast du ihn nicht.
  18. Denke nicht, dein Heil zu setzen auf ein Tun. Man muss es setzen auf ein Sein.
  19. Gott ist ein Gott der Gegenwart. Wie er dich findet, so nimmt und empfängt er dich, nicht als das, was du gewesen, sondern als das, was du jetzt bist.
  20. Jegliche Kreatur ist Gottes voll und ist ein aufgeschlagenes Buch, und wer darin recht zu lesen weiß, der braucht keine Predigt mehr.

Köln, 15.04.2023
Harald Klein

[1] Quelle: [online] https://de.wikipedia.org/wiki/Meister_Eckhart [15.04.2023]

[2] Sämtliche Zitate sind entnommen aus [online] https://www.aphorismen.de/suche?f_autor=2590_Meister+Eckhart [15.04.2023]