Ohnmacht aushalten – Sterben erleiden – Auferstehung erahnen

  • (An-) Stiftungen zum Gespräch
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Der Anlass für diese Anstiftungen zum Gespräch:

Das Weihnachtsfest steht emotional wohl weit über dem Osterfest – schon allein in den Vorbereitungen, wem was geschenkt werden soll und was ich selbst mir geschenkt erhoffe. Ostern hat die „Kreuzwege“, Weihnachten dagegen die „Weihnachtsmärkte“ als äußere Zeichen und Möglichkeiten. Der Zauber des Lichtes in an Weihnachten anders (nicht unbedingt besser) als im beginnenden Frühjahr; das Dunkel ist an Weihnachten eher „außen“ und „um mich herum“, an Ostern und in der Vorbereitung auf Ostern eher „innen“ und „in mir drin“ zu finden.

Und doch schwingt an Ostern – vielleicht auch nur latent – eine Hoffnung mit, die (noch einmal „vielleicht“) im beginnenden Frühjahr im Wachsen und Blühen der Natur und der Blumen in den Gärtnereien wurzelt. Ich möchte sie die „Hoffnung auf Leben und Lebendigkeit“, die „Hoffnung auf Erblühen“ nennen. Ihr geht (ein drittes „vielleicht“) die Erfahrung von Ohnmacht, Verlassenheit, Absterben oder Verblühen voran. Es ist ein österliches Geschenk, eine österliche Gnade, in solchen Situationen wieder zur Hoffnung zu finden. Allein schon der Entschluss, den Aufbruch zur Hoffnung erhoffen zu können, ist ein Lichtmoment.

Biblisch kann für diese Hoffnung auf den Aufbruch zur Hoffnung das Wort „Auferstehung“ oder „Auferweckung“ gewählt werden. „Auferstehung“ betont dabei den aktiven, den Eigenanteil: Ich entschließe mich zu diesem Aufbruch zur Hoffnung. „Auferweckung“ dagegen betont dabei den passiven Anteil: etwas, jemand ruft mich in diesen Aufbruch zur Hoffnung.

In der Osternacht werden sieben Lesungen vorgetragen – sie stehen für das Warten auf „Auferweckung“ und wollen mit ihren Inhalten „anstößig“ sein zum Aufbruch zur Hoffnung, um so die Erfahrung von Ohnmacht, Verlassenheit, Absterben oder Verblühen in einer Erfahrung der eigenen „Auferstehung“ zu überwinden.

Hier sind einige Aussagen aus den sieben Lesungen der Osternacht festgehalten. Auf Fragestellungen oder Impulse wurde bewusst verzichtet. Sie kämen „passiven Anteilen“ gleich, die vielleicht Erfahrungen der „Auferweckung“ initiieren können. Wichtiger scheinen mir „aktive Anteile“ der Erfahrungen der „Auferstehung“, die sich einstellen können, wenn Sie selbst und von sich aus sich anstiften lassen zu einem Auferstehen in neue Lebendigkeit, in neues Leben – über die Erfahrung von Ohnmacht, Verlassenheit, Absterben oder Verblühen hinweg.

Als Adressat:innen nehme ich all diejenigen in den Blick, die mit Hilfe der Spiritualität, hier der christlichen Spiritualität auf der Suche nach einer Deutung von erlebter Ohnmacht und erlittenem Sterben sind, aber auch ein Erlahnen von Auferstehung erhoffen.

» Die Nacht ist noch nicht vorüber,
aber es tagt schon. «
Dietrich Bonhoeffer

Impulse fürs Gespräch (mit anderen oder mit sich selbst):

Aus der ersten Lesung: „Die Erde war wüst und wirr, und Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Und Gott schied das Licht von der Finsternis.“ (Gen 1,2-4)

Aus der zweiten Lesung: „In jenen Tagen stellte Gott Abraham auf die Probe. Er sprach zu ihm: Abraham! Er sagte: Hier bin ich!“ (Gen 22,1)

Aus der dritten Lesung: „Das Wasser kehrte zurück und bedeckte Wagen und Reiter, die ganze Streitmacht des Pharaos, die den Israeliten ins Meer nachgezogen war. Nicht ein einziger von ihnen blieb übrig. Die Israeliten aber waren auf trockenem Boden mitten durch das Meer gezogen, während rechts und links von ihnen das Wasser wie eine Mauer stand.“ (Ex 14,28f)

Aus der vierten Lesung: „Jerusalem, dein Schöpfer ist dein Gemahl. […] Ja, der Herr hat dich gerufen als verlassene, bekümmerte Frau. Kann man denn die Frau seiner Jugend verstoßen?, spricht dein Gott. Nur für eine kleine Weile habe ich dich verlassen, doch mit großem Erbarmen werde ich dich sammeln. Einen Augenblick verbarg ich vor dir mein Gesicht in aufwallendem Zorn, aber in ewiger Huld habe ich mich deiner erbarmt, spricht dein Erlöser, der Herr.“ (Jes 54,5-8)

Aus der fünften Lesung: „Auf, ihr Durstigen, kommt zum Wasser! Die ihr kein Geld habt, kommt, kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld und ohne Bezahlung Wein und Milch! Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, und mit dem Lohn eurer Mühen, was euch nicht satt macht? […] Neigt euer Ohr und kommt zu mir, hört und ihr werden aufleben.“ (Jes 55,1-3)

Aus der sechsten Lesung: „Du hast den Quell der Weisheit verlassen. Wärest du auf Gottes Wegen gegangen, du wohntest im Frieden für immer. Nun lerne, wo Einsicht ist, wo Kraft und wo Klugheit, dann erkennst du zugleich, wo langes Leben und Lebensglück, wo Licht für die Augen und Frieden zu finden sind! Wer hat je ihren Ort gefunden? Wer ist zu ihren Schatzkammern vorgedrungen? […] Doch der Allwissende kennt sie; er hat sie in seiner Einsicht entdeckt. Er hat ja die Erde für immer gegründet, er hat sie mit vierfüßigen Tieren bevölkert. Er entsendet das Licht und es eilt dahin; er ruft es zurück und zitternd gehorcht es ihm. Froh leuchten die Sterne auf ihrem Posten. Ruft er sie, so antworten sie: Hier sind wir. Sie leuchten mit Freude für ihren Schöpfer. Das ist unser Gott; kein anderer gilt neben ihm.“ (Bar 3,12-15.32-36)

Aus der siebten Lesung: „Nicht euretwegen handle ich, Haus Israel, sondern um meines heiligen Namens willen, den ihr bei den Nationen entweiht habt, wohin ihr auch gekommen seid. Meinen großen, bei allen Nationen entweihten Namen, den ihr mitten unter ihnen entweiht habt, werde ich wieder heiligen. Und die Nationen – Spruch Gottes des Herrn – werden erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich mich an euch vor ihren Augen als heilig erweise. Ich nehme euch heraus aus den Nationen, ich sammle euch aus allen Ländern und bringe euch zu eurem Ackerboden. Ich gieße reines Wasser über euch aus, dann werdet ihr rein. Ich reinige euch von aller Unreinheit und von allen euren Götzen. Ich gebe euch ein neues Herz und einen neuen Geist gebe ich in euer Inneres. Ich beseitige das herz aus Stein aus eurem Fleisch und gebe euch ein Herz aus Fleisch. Ich gebe meinen Geist in euer Inneres und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt und auf meine Rechtsentscheide achtet und sie erfüllt. Dann werdet ihr in dem Land wohnen, dass ich euren Vätern gegeben habe. Ihr werdet mir Volk sein und ich, ich werde euch Gott sein.“ (Ez 36,22-28)

Köln, 05.04.2023
Harald Klein