Schlossallee – Auf der Zielgeraden bei Monopoly
Sowohl hinsichtlich der Frage nach der „Erfindung“ bzw. der „Vermarktung“ des Spieles (in der Zeit der amerikanischen Depression Ende der 1920er Jahre in den USA) als auch in der „Zielsetzung“, die damit verbunden war, gibt es hinsichtlich des Spieles „Monopoly“ sagenumwobene Geschichten. War der Erfinder der arbeitslose Dampfradiatoren-Mechaniker und Teilzeit-Hundespazierer Charles Darrow? Oder gab es eine „Frau dahinter“ bzw. „davor“, Lizzie Maggie, deren Mitwirkung niemals anerkannt wurde? Diente das Spiel dem „spielerischen Einüben“ kapitalistischer Grundhaltungen, dem Versuch der Kapitalmaximierung durch alle Spieler, oder zeigt es am Ende die (für alle bis auf einen bittere) Erfahrung auf, dass einer alles abräumt und alle anderen leer ausgehen?
Bereits 30 Jahre vor Charles Darrow hatte die Stenografin Lizzie Magie die Idee zu diesem Spiel, das ein Beitrag zur Kapitalismuskritik sein sollte. Lizzie Maggie zeigte mit dem Spiel auf, dass Kapitalismus gut sei, um Reichtum zu erzeugen, aber äußerst schlecht, um ihn zu verteilen. Spätestens die Zielgerade zeigt: Reich werden geht über den Besitz von Museum-, Bahnhof- und Theat4rstrasse, mehr noch über Park- und Schlossallee; wer nicht als Besitzer*in, sondern als Mitspieler*in auf diesen Straßen zum Stehen kommt, verliert das Seinige aufgrund der hohen „Mieten“, die an diejenigen zu zahlen sind, die diese Straße besitzen.[1]
Um es abzukürzen: Die Idee des Spieles stammt von Lizzie Magie aus den 1900er Jahren, die Vermarktung übernahm ca. 30 Jahre später dann Charles Darrow. Er übertrug dabei die Straßennamen seines letzten Urlaubsortes Atlantic City auf den Spielplan, um in der Zeit der tiefsten Depression (wirtschaftlich wie vielleicht auch psychisch) ein „Urlaubsgefühl“ und eine „kapitalistische Leuchte“ in die wirtschaftlich schwierige Zeit zu bringen.[2]
Anti-Monopoly – oder: Auferstehung und Geistgabe
Der Spielplan von Monopoly ist ein Rechteck, Ostern wird mit der Bußzeit als Osterfestkreis gefeiert. Und egal ob Rechteck oder Kreis, das Herumfahren mit seiner Spielfigur hat einen Anfang, zu dem es eine (bei Monopoly) finanzielle bzw. (beim Osterfestkreis) eine spirituelle Ausstattung gibt: in meinem alten Monopoly gab es 200 Mark zur Investition in Straßen, dann in Häuser und in Hotels; zu Beginn des Osterfestkreises gibt es die Aufforderung „Kehr um, und glaube an das Evangelium“. Und dann geht es los…!
Monopoly und Ostern/Pfingsten – ein paar Gemeinsamkeiten
Viele Ähnlichkeiten gibt es zwischen dem Spiel und dem Osterfestkreis. Wer hat ihn, den Festkreis, und Ostern samt der Botschaft von der Auferstehung, um die es geht, erfunden? Christus selbst? Die Vertreter der Kirche, die von sich sagen, sie seien dessen Nachfolger? Und mit welchem Hintergrund, mit welchem Motiv? Ging es im Gang der Geschichte um eine Art von „geistlichem Kapitalismus“, um Anhäufung von „Ehren“ und „Würden“ i.S.v. einer häuft an und hält dabei die anderen kurz? Ging es um „helle Geschichten in dunkler Zeit“, die zur Geburt des Christentums und dann der Kirche führte, und erfährt sie heute dadurch Aktualität, wenn die Zeit wieder dunkel wird? Oder erfahren Menschen die Botschaft und die Weise, wie sie vorgetragen wird, gerade als Grund für eine Dunkelheit, der sich zu entziehen oft angesagt ist, i.S.v. der Verweigerung, dieses Kirchen-Monopoly einfach nicht mehr mitzuspielen?
Monopoly und der Ostern/Pfingsten – ein paar Unterschiede
Einen ersten Unterschied gibt es zwischen beiden allemal: Monopoly ist zu Ende, wenn alle bis auf einen Mitspielenden bankrott, pleite, finanziell am Ende sind; der Osterfestkreis kommt zu seinem Ende, wenn umgekehrt alle zu einer ihnen entsprechenden Form von (zugegeben: sehr spezifischem) Reichtum finden können.
Hier schließt sich der Kreis zur Frage der letzten Sonntage, ob das Wort der Auferstehung eine Wirkung hat, die auf die Wahrheit dieser Auferstehung hinweist, sie sinngemäß zu „begründen“ vermag. Dieser Dreischritt – Wort, Wirkung, Wahrheit – gilt auch für die Gabe, das Geschenk des Heiligen Geistes. Dass dieses Wort der Wahrheit entspricht, kannst du daran überprüfen, ob es in und aus Menschen wirkt, die davon reden. Mehr noch: Sogar die, die davon nicht reden, können diesen Geist haben, ohne dass sie es wissen und ohne dass sie sich um ihn bemüht haben!)
Um bei Monopoly und seinem Spielplan zu bleiben: dieser Gang durch eine kapitalistisch geprägte Gesellschaft und Politik ist mir, ist dir mit der Muttermilch gegeben. Wir ziehen, beginnend bei der Bad- und der Turmstrasse auf unserem Lebensweg los und „spielen“ unser Monopoly. Spätestens auf der Zielgrades steht eine kapitalistisch geprägte Frage und deren Entscheidung an: Ist die Parkstrasse und die Schlossallee das Ziel, der Ort, den ich besitzen und an dem bzw. für den ich leben möchte?
Im Evangelium: Ist das Würfeln und Ziehen in diese Richtung der Weg, den die Frauen am Ostermorgen aufgesucht haben? Ihnen wurde das leere Grab zu einer „inneren Schlossallee“, und den anderen in Emmaus erging es beim Teilen des Brotes ebenso. Wieder andere waren betend im Obergemach und wussten sich hier innerlich aufgehoben. – Und manche Kirchenerfahrung mag es auch heute geben, die ähnlich wirkt.
Es gibt noch einen zweiten und viel gravierenderen Unterschied und viel gravierenderen Unterschied gibt es zwischen Monopoly und dem Kirchen-Monopoly: Die Menschen, die uns das Evangelium und die Apostelgeschichte in den letzten Wochen vor Augen führten, haben an unterschiedlichen Orten und in unterschiedlichen Weisen ihre Schlossalleegefunden. Diese Straße steht für deren Reichtum, für das, wofür es sich zu leben lohnt, was zu ihrem Habitus, zu ihrer Persönlichkeit gehört und was nicht mir Mieten von anderen belegt werden kann. Sie wissen, was ihnen zum Leben gereicht, woraus und wofür sie sie leben, vielleicht sogar, als pfingstliche Menschen, wer da in ihnen lebt und in/aus ihnen wirkt. Vielleicht nicht, was sie haben, allemal aber das, was sie sind, genügt ihnen.
Und das, was beim Spiel Monopoly beinahe tödlich sein kann und den Spieler aus der Runde wirft, ist ihnen Mahnung, besser vielleicht Weisung: „Gehe nicht über Los.“ Die Wirkung, die die Wahrheit der Auferstehung oder des Pfingstereignisses erahnen lässt, ist das, womit der Osterfestkreis begonnen hat: die Umkehr! Aussteigen aus einem Monopoly, das Reichtum nur verheißt aus Kosten der Mitspielenden, die dann natürlich auch eher Gegner sind. Innehalten in der Welt, in der ich lebe, in der ich bin – nicht, um bewegungslos zu sein, sondern um tiefer zu sehen und zu erahnen, wer und was da ist. Und dann denen, die da sind, mit dem, was ich habe und was ich bin, zum Leben zu helfen – und du weißt sicher, wie viele Weisen des Teilens da möglich sind.
Ostern und die Auferstehung, Pfingsten und die Geistgabe sind Hin- und Her-Bewegungen, an deren Ende die Umkehrder Menschen und die Hinkehr zu den Menschen – und vielleicht die Abkehr von den „Straßen“ und den “Reichtümern“, die ihnen „Besitz“ und „Reichtum“ verspricht – steht.
Der wirkliche Reichtum hängt nicht an den Zahlen, die irgendwelche Würfel vorgeben, hängt nicht an der vorgegebenen Richtung auf dem Spielbrett des Lebens. Er gründet sich in der Qualität des Miteinanders, des Bei-sich- und Für-sich-Seins, in der Weise des Redens, des Zuhörens und der Gestaltung des Lebens.
Ich bin fest überzeugt: Die Wirkungen des Wortes von der Auferstehung und von der Geistgabe sind die am meisten nachvollziehbaren Indikatoren für die Wahrheit der Auferstehung. Von daher: „Gehe nicht über Los!“
So viel für heute – und für diese Woche,
Köln, 06.06.2025
Harald Klein
[1] Pikanterweise sei gesagt, dass ich dieses „Spiel“ 1968 zur Erstkommunion geschenkt bekam!
[2] Die Geschichte des Spieles Monopoly ist Gegenstand bei Spektrum der Wissenschaft, vgl. [online] https://www.spektrum.de/kolumne/monopoly-die-geschichte-eines-der-erfolgreichsten-brettspiele/1748112 [06.06.2025]