„Quellen des Heils und der Heilung…“

  • Anstößig - Darüber lohnt es zu reden
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Auf dem Weg zur Strundequelle

Unser Weg geht zur Quelle des kleinen Baches Strunde von Bergisch-Gladbach nach Herrenstrunden. Am Weg liegt die Papiermühle Alte Dombach, ein Gästehaus der Il-Won-Stiftung, das zur Meditation und zum Retreat einlädt und beides in buddhistischer Weise anleitet.

Ein altes Sprichwort lautet: „Wer zur Quelle will, muss gegen den Strom schwimmen.“ Wir schwimmen nicht, wir wandern gegen den Strom, der Quelle entgegen. Diese Richtung gibt unserem heutigen Winter-Wandern das Thema. Zwei zu klärende und vielleicht mit dem Erleben zu verbindende Begriffe stehen über unserm Wandern: „Selbstkultivierung“ und „Natalität“.

Der Philosoph und Journalist Krisha Kops stellt dem Begriff der „Selbstoptimierung“ den der „Selbstkultivierung“gegenüber.[1]  Selbstoptimierung habe kein Maß, will den Ertrag um jeden Preis erhöhen, verschreibe sich der Quantität. Selbstkultivierung verschreibe sich der Qualität, ihre Ethik ist die der Tugend, während sich die Selbstoptimierung dem Utilitarismus verschreibe.

Der Begriff der Natalität wurde von Hannah Ahrendt geprägt und bezeichnet die „Gebürtlichkeit“ des Menschen im Sinne seiner spezifischen Freiheit im Anfangen-Können, und dies immer wieder.

Schließlich soll ein Zitat aus der christlichen Tradition unseren Weg begleiten, das von P. Alfred Delp SJ stammt, der in den letzten Tagen des Krieges in Berlin-Plötzensee seiner Zugehörigkeit zum Kreisauer Kreis wegen hingerichtet wurde:

„In uns selbst strömen die Quellen des Heiles und der Heilung. Gott ist als ein Brunnen in uns, zu dem wir zu Gast und Einkehr geladen sind. Diese inneren Quellen müssen wir finden und immer wieder strömen lassen in das Land unseres Lebens. Dann wird keine Wüste.“[2]

Impulse fürs Gespräch:

  1. Das französische Wort für Quelle ist „source“ – unser Begriff „Ressource“ kann übersetzt werden mit „Rückkehr, Hinkehr, Zuwendung zur Quelle“. Wie erlebe ich die Momente, die mich zur „Quelle“ zurückkehren, hinkehren, mich ihr zuwenden lassen? Anders: wann ersehne ich mich der Quelle, des Brunnens nahe?
  2. Kenne ich meine Quellen“ (die in mir und die außer mir sind), und kann ich sie benennen? Können wir untereinander versuchen zuzusagen, welche Quellen wir im anderen ahnen? Sind wir gar einander „Quelle“ oder „Brunnen“?
  3. Die Frage nach der Selbstkultivierung: Wie sieht mein Gastsein, meine Einkehr bei der/den Quelle(n) aus? Wie kultiviere ich dieser „Einkehr“? Wo will ich (wieder oder neu) anfangen?
  4. Die Frage nach der Natalität: Glaube ich, erfahre ich die spezifische Freiheit im Anfangen-Können, die Hannah Ahrendt beschreibt? Oder: habe ich sie schon einmal oder öfter erfahren? Gibt es einen Zusammenhang zu meinen Quellen? Zur Selbstkultivierung?

 

Köln, 14.06.2023
Harald Klein

[1] Vgl. [online] https://ethik-heute.org/selbstoptimierung-das-vermessene-ich/ [14.06.2023].

[2] Bleistein, Roman (1984): Alfred Delp. Gesammelte Schriften, Bd. IV, Frankfurt/Main, 273.