Verw:ortet 03/2022: Khema, Ayya (2014): Nicht so viel denken, mehr lieben. Buddha und Jesus im Dialog, 4. Aufl.

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Buddha und Jesus im Dialog

Es ist ein kleines Buch, 124 Seiten beinahe im Postkartenformat, in dem die Autorin eine Zusammenschau von einer der bekanntesten Lehrreden Buddhas – die Lehrrede über die Liebende Güte – mit einer der bekanntesten Predigten Jesu – der Bergpredigt – anbietet. Ayya Khema wurde 1923 in Berlin als Kind jüdischer Eltern geboren (ihr bürgerlicher Name war Ilse Kussel), floh bei einem Kindertransport der Nazis nach Schottland, dann nach Shanghai, in die USA und nach Australien. In Asien kam sie mit dem Buddhismus in Berührung und ließ sich mit 56 Jahren zur buddhistischen Nonne ordinieren. Auf ihre Initiative hin wurde 1989 in Oy-Mittelberg das Buddha-Haus, 1990 der Jhana-Verlag und 1997 ein Waldkloster Metta Vihara in der Theravada-Tradition (buddhistische Waldmönche) gegründet. Ayya Khema starb 1997 im Buddha-Haus. Sie wird in der buddhistischen Gemeinschaft als eine der größten Mystikerinnen des letzten Jahrhunderts verehrt.

Hier soll es nicht um die Zusammenschau von Rede und Predigt gehen. Stattdessen wird versucht, In Zitaten eine prägnante Aussage zu einer von 15 ausgesuchten Haltungen wiederzugeben. Die Lehrrede des Buddha über die Liebende Güte, die Sie hier auch herunterladen können, benennt nämlich 15 Bedingungen oder Haltungen, die es einzuüben gilt, wenn man den Frieden des Geistes als sein Lebensziel anstreben möchte – das ist der Ausgangspunkt und das Ziel der Rede.

Man sei, so der Buddha, fähig, aufrecht, freimütig, ohne Stolz, zugänglich und leicht ansprechbar, sanftmütig, leicht befriedigt, zufrieden, nicht zu geschäftig, genügsam, stillen Sinnes, klar im Verstand, nicht dreist, nicht gierig nach Verstehen, unschuldig.

Sie können sich die Zitate hier downloaden und dann wie einen Kalender auf die Österliche Bußzeit lesen, wie einen verlockenden Antrieb, der Sie zu dem führen will, was hinter dieser Haltung steckt oder als eine Verlockung auf das, was auch möglich ist, und was dem Frieden dient. Denn „es ist wichtig, sich darüber klar zu sein, dass es nur einen einzigen Menschen gibt, auf den wir wirklich Einfluss ausüben können, und dieser Mensch sind wir selbst.“ (a.a.O., 13f).

Die Zitate

  1. Bedingung: Man sei fähig – „Der Buddha nennt […] unsere ‚fünf spirituellen Fähigkeiten‘, bestehend aus Achtsamkeit, Vertrauen, Weisheit, Willenskraft und Konzentration. Diese sind uns innewohnende Fähigkeiten, die es uns ermöglichen, das Weltliche zu transzendieren und unsere spirituelle Natur zum Höchsten zu entfalten.“ (22)
  2. Bedingung: Man sei aufrecht – „Ein aufrechter Mensch wäre ein solcher Freund, der uns nicht nur unterstützt, sondern auch in der Lage ist, uns zu helfen, unsere eigenen Fehler zu erkennen.“ (25)
  3. Bedingung: Man sei freimütig – „Weil wir nicht sicher sind, wie wir offen und direkt sein können, sprechen wir oft auf einem solch oberflächlichen Niveau miteinander, dass unsere Gespräche mehr eitlem Geschwätz gleichen. Wenn wir lernen, uns selbst gegenüber ehrlich zu sein, dann wird dies häufig dieselbe Ehrlichkeit auch in anderen hervorrufen, und die Gespräche können an Bedeutung gewinnen.“ (29)
  4. Bedingung: Man sei ohne Stolz – „Stolz macht es unmöglich, Demut zu empfinden, die eine wichtige Eigenschaft für die spirituelle Praxis ist. […] Die rechte Art, uns ohne Stolz anzuschauen, ist, uns selbst gegenüber die Haltung einzunehmen: ‚Ich bin ein Teil dieser Schöpfung, und ich bemühe mich, diesen kleinen Teil nach besten Kräften zu nutzen. Ich will mein Bestes geben.‘“ (35)
  1. Bedingung: Man sei zugänglich und leicht ansprechbar – „Viele Erwachsene sind unfähig, mit Kritik umzugehen. Ihre Egos revoltieren. Wenn wir diese Fähigkeit jedoch nicht lernen, versperren wir uns den spirituellen Pfad, und unser Fortschritt kommt zum Stillstand. Wir müssen lernen, das ‚Ich‘ lange genug zurücktreten zu lassen, sodass wir keine Unruhe mehr verspüren und wirklich in uns aufnehmen können, was zu uns gesagt wird. Jede innere Unruhe geht vom Ego aus. […] Es ist unmöglich, ein liebevolles Herz in uns zu entfalten, wenn wir damit beschäftigt sind, unser Ego zu verteidigen.“ (41-43)
  2. Bedingung: Man sei sanftmütig – „Der Buddha lehrte, dass in jedem Menschen sechs geistige Zustände vorhanden sind, genannt die sechs Wurzeln. Drei von ihnen sind heilsamer Art: Freigebigkeit, Liebe und Weisheit. Und drei von ihnen sind unheilsamer Art: Gier, Hass und Verblendung. Es erfordert unsere unablässige Bemühung, das Unheilsame mit dem Heilsamen zu ersetzen, und es braucht auch durchgreifende Einsicht.“ (44)
  3. Bedingung: Man sei leicht befriedigt – „Wenn wir […] ein tiefes Stadium der Meditation erreicht haben, stellen wir fest, dass Zufriedenheit völlig von unserer Wunschlosigkeit abhängt. Wie logisch dies doch ist und wie scher zu verwirklichen!“ (49)
  4. Bedingung: Man sei zufrieden – „Unzufrieden zu sein bedeutet, dass uns etwas fehlt. Natürlich stimmt das, aber das sollte kein Grund sein, um unglücklich zu werden. Vielmehr sollte es uns zum Üben anspornen. Das ist der ganze Unterschied zwischen einem praktizierenden und einem nicht praktizierenden Menschen.“ (53)
  5. Bedingung: Man sei nicht zu geschäftig- „Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir den Herzensfrieden in uns verwirklichen, wenn wir in solch einen Wirbelsturm der Aktivitäten verwickelt sind. […] Die Qualität unseres Lebens verringert sich, wenn wir uns nicht die Zeit nehmen, nach innen zu schauen. Wir brauchen dafür täglich mindestens eine Stunde, ganz für uns selbst oder zweimal eine halbe Stunde, je nachdem, was wir einrichten können. Die Innenschau versorgt uns mit spiritueller Nahrung.“ (57f)
  6. Bedingung: Man sei genügsam – „Genügsamkeit ist nicht gleichzusetzen mit Knauserigkeit. Genügsam zu sein bedeutet zum Beispiel, dass wir vor dem Respekt haben, was andere produziert und angefertigt haben. […] Genügsamkeit ist ein Weg, alles, was wir benutzen mit Achtsamkeit zu begleiten.“ (60; 62)
  7. Bedingung: Man habe die Sinne still – „Die meisten Menschen betrachten ihre Sinne als Eintrittskarte ins Glück, während sie in Wirklichkeit nur unsere Mittel zum Überleben sind. Diese Unterscheidung ist wichtig, denn ohne dies begriffen zu haben, werden wir weiter glauben, dass Sinnesbefriedigung uns Zufriedenheit bringen kann, und der innere Frieden wird sich uns weiter entziehen.“ (63f)
  8. Bedingung: Man habe den Verstand klar – „Klarer Verstand […], ein kluger Geist ist ein Geist, der Verbindungen herzustellen vermag. Es geht darum, dass wir unsere eigenen Handlungen verstehen, wie sie entstehen; die Beziehung zwischen unserem Verhalten und den zugrunde liegenden Tendenzen erkennen, das ist Intelligenz. Ohne unseren Verstand würden wir in einem Zustand blinder Identifikationen mit unseren Instinkten verharren.“ (68f)
  9. Bedingung: Man sei nicht dreist – „‘Dreist zu sein‘ bedeutet, unverfroren und selbstbehauptend zu sein, statt sich anzupassen und hingeben zu können. […] Der beste Schutz aber, den wir haben können, ist, uns nicht zu widersetzen, sondern einfach loszulassen. Widerstand ist immer schmerzhaft. […] ‚Nicht dreist‘ ist sowohl eine innere Haltung als auch eine Handlungsweise.“ (71-73)
  10. Bedingung: Man sei nicht gierig im Verhalten – „‘Gierig‘ sein ist ein Zustand, in dem man ständig nach etwas verlangt, was man nicht hat. […] Immer wieder erwähnte er (i.e. der Buddha, H.K.) dieses wunderbare Geschenk eines menschlichen Lebens mit intakten Gliedern und Sinnen und der Möglichkeit, das wahre Dhamma (i.e. Lehre, H.K.) zu üben. Wenn wir diese Gelegenheit nicht am Schopf ergreifen, vergeuden wir ein kostbares Menschenleben.“ (74f)
  11. Bedingung: Man sei unschuldig – Man gebe auch im Kleinsten keinen Anlass, wofür uns Weise tadeln könnten – „Die fünf buddhistischen Tugendregeln“: statt zu töten, Liebende Güte und Mitgefühl zu üben; statt zu nehmen, was uns nicht gehört, Freigebigkeit und Großzügigkeit üben; statt sexuellem Fehlverhalten Treue, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbereitschaft üben; statt falscher Rede und Lügen das rechte Reden üben; statt Alkohol und Drogen Achtsamkeit, dass Frieden und Freude in uns warten. (vgl. 78-80)

Köln, im Februar 2022
Harald Klein