Zur Einübung der Lebensgestalt(ung) bei Ignatius von Loyola

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Menschsein im Einüben und Ausüben

„‘Sich mit Seiner Gnade Besserung vornehmen‘ – so formuliert es Ignatius schlicht in letzten Punkt seiner ‚allgemeinen Gewissenserforschung‘. Dahinter steht eine doppelte Erkenntnis: All unser menschliches Werden und Wachsen ist Gnade, Geschenk, Vorgabe. Ebenso gilt, dass dem Menschen seine Lebenskraft gegeben ist, um sein Leben mitzugestalten.

Als Hilfe bietet Ignatius eine Übung zur Lebensgestaltung an, deren Name lateinisch ’examen particulare‘ lautet. Auf Deutsch heißt das ungefähr: Übung der ‚konkreten Lebensgestaltung‘. Da geht es nicht um Änderung des ganzen Menschen, sondern um konkretes Einüben von guten und Verlernen von lebensfeindlichen Gewohnheiten: Wie kann ich Dankbarkeit einüben? Welche negativ wirkenden Redewendungen kann ich ‚löschen‘? Wie kann ich meinen Schreibtisch hilfreich ordnen? Wie finde ich Zeit zum Beten? Usw.

Was rät Ignatius, wie dies geschehen soll? Die Antwort:

  • Formuliere dein Ziel genau und nimm dir nicht zu viel vor.
  • Werde dir der Motivation bewusst: Was lockt dich bzw. wie spürst du den Leidensdruck?
  • Bleib bei einer Sache – nicht alles auf einmal, sondern ‚alles der Reihe nach‘.
  • Bleib längere Zeit, einige Wochen dran.
  • Erinnere dich morgens, mittags und abends – und zwischendurch auch – an dein ‚Projekt der Lebensgestaltung‘.
  • Mache dir während der Wochen des Einübens täglich – wohl meistens am Abend – ein paar Notizen, wie es dir mit deinem Anliegen ging. Ein paar Worte können genügen.
  • Schau, dass du eine mitwissende Person findest, der du einmal in der Woche fünf Minuten erzählst, wie es dir mit deinem Experiment geht.
  • Vertraue dich betend dem Wirken des Gottesgeistes an.

Motivierend dafür, sich überhaupt auf solches Üben einzulassen, kann ein Wort von Otto Friedrich Bollnow sein: ‚Vom Kennen zum Können führt nur das Üben.‘ Viel sagt auch eine Formulierung von Alex Lefrank SJ: ‚Üben ist ein Akt der Hoffnung.‘ Wer übt, hofft und lebt aus der Überzeugung: ‚Lasst uns dem Leben trauen, weil Gott es mit uns lebt‘ (nach Alfred Delp SJ).“

Lambert, Willi (2012): Lebensgestaltung. Was den Menschen Mensch sein lässt, in: Leidner, Ottmar und Cordula: Ein hörendes Herz. Jeden Tag Gottes Spuren finden, Würzburg, 19f.

Impulse für den Austausch:

  • Ankommrunde: Im Ausruhen der Ferien darf es zunächst um die Frage gehen, wie ich im Erleben oder in Gedanken, Gefühlen in diesen Tagen Gottes Melodie von anderen Melodien entdecke bzw. unterscheide.
  • Für den Austausch: Wohin lockt mich „Gottes Melodie“ – mit welchem Ziel, auf welches Ziel hin? Was haben die anderen gehört/empfunden? Gibt es Möglichkeiten, uns gegenseitig zu unterstützen?
  • Abschlussrunde: Um was möchte ich bitten – für mich und für die anderen?

Köln, 11.08.2021
Harald Klein