Ein spielerischer Anfang
In der Mitte eine kleine Osterkerze, darum in kleinem Abstand gruppiert, Namenschildchen mit den Vornamen derer, die zu unserer Gruppe gehören, das Schriftbild der Namen auf die Kerze hin ausgerichtet.Um das Ganze kreisförmig herum ein roter Wolfaden, der einen Innenraum auf dem Tisch eröffnet.
Um Grenzen soll es gehen, nicht um die, die gut, die notwendig, die uns „natürlich“ gesetzt sind. Sondern um die, die wir in unserem Kopf, in unserem Herzen und unserem Handeln uns selbst gesetzt haben. Grenzen vor einer Art, die uns ein „Ende“ signalisieren, und die zu überschreiten wir uns selbst verbieten, aus welchen Gründen auch immer. Grenzen, die uns verbieten daran zu glauben, dass es „hinter dem Horizont“ noch weiter gehen könnte – die vor allem nicht glauben lassen, dass von dort her Gott selbst einen Ruf für uns hat. Eben deswegen, weil er unser Leben „weiten“ will, uns in ein „Mehr“ von Leben ruft, wo wir schon „Ende“ denken.
In der Ankommrunde bitten wir in unserer Kölner Gruppe um Gottes guten Geist mit der gesungenen Pfingstsequenz, Und nach der zehnminütigen gemeinsamen Stille, mit der wir dann in den Austausch starten, geht es um zwei Fragen: (1) . „auf Gott hin ausgerichtet – was/wie habe ich seine Nähe in der vergangenen zeit zwischen der letzten Gruppe und heute er- lebt? Und (2) wie bin ich jetzt da?
Die eigene Nähe und Distanz zum gegenwärtig Auferstandenen ausloten
In einem ersten Impuls sind dann alle eingeladen, ihr Namenskärtchen ein wenig von der Osterkerze auf Distanz zu bringen. „Wo habe ich in der vergangenen Zeit Grenzen gespürt?“ Und: „An welche Grenzen bin ich gestoßen, in denen ich Distanz zu Gott gespürt habe, mir mehr seiner spürbaren Gegenwart gewünscht hätte?“ Es war gut, im Gespräch zu unterscheiden zwischen Grenzen, die uns – aus welchem Grund auch immer – gesetzt sind und die einzuhalten lebensförderlich ist, und den Grenzen, die wir uns selbst setzen. Da waren wir schnell bei den drei Themen, die beim Delegiertentreffen im Mai 2014 als „Themen der GCL“ beschlossen wurden: Konflikte und Tabus, Sprachlosigkeiten und Unverständnis anderen und deren Lebenseinstellungen gegenüber, abgebrochene Brücken.
Einen Ort an der Grenze einnehmen – mit dem Rücken zum Herrn
Der zweite Impuls geschah stumm. Als Moderator der Gruppe nahm ich die Namensschildchen und legte sie auf den roten Faden,auf die „Grenze“, mit dem „Rücken“ zur Kerze hin und mit dem „Blick“ über die Grenze hinaus. Und schlicht die Frage: „Wie wirkt das Bild auf Euch?
Und da gab es eine Menge an Rückmeldungen. Der eine hatte Sorge, vom „Niemandland“ so sehr angezogen zu werden, dass es ihn über den Tischrand „hinunterzog“. Eine andere betonte die Weite, die plötzlich in der Gruppe entsteht. Die Verbindung durch den „roten Faden“ wurde genannt. Oder: es tue gut, Gott im Rücken zu haben, wenn ich Neuland betrete. Und dass Aufbruch in Neuland hier von allen gewagt würde. Einer legte sein Namensschild von der Grenze weg, den Namenszug auf die Kerze ausgerichtet: begleitet mit einem „So weit bin ich gerade nicht!“. Und ein anderer wollte sein Namensschild auch lieber innerhalb der „Grenze“ las- sen: „Ich habe gerade genug Baustellen.“
Was so eine kleine Bewegung alles auslösen kann – wir kamen in der Gruppe ins Staunen.
Ob Gott wohl ins Land jenseits der selbst gesetzten Grenzen „ruft“?
Das Gespräch bekam dann eine Wendung hin zur Frage, ob es zum Wesen Gottes gehöre, dass er uns von „jenseits“ der selbstgesetzten Grenzen rufe – und ob wir eine Bereitschaft haben, vertrauens- voll hinzuhören. Das in den Gebetshinweisen ein paar Seiten weiter vorn im Heft beschriebene „respice finem“ bekam einen neuen Klang. „Bedenke das Ende“, dass Du Dir selbst setzt. Und auf einen Anruf Gottes zu hören, der über die Grenze hinaus ruft – um eines Mehr an Leben für mich und andere.-
Da wurde es nochmal bunt. Die Spanne reichte von immer wieder verschobenen Zahnarztterminen über Gesprächsangebote in einer Seniorengruppe bis hin zur konkreten Begegnung mit Obdachlosen und Informationen über Flüchtlingsunterbringungen in der eigenen Gemeinde. Und wir trafen Absprachen, was wir bis zur nächsten Gruppe erledigen wollen, wie unsere Antworten auf diesen Ruf, der sich hier zeigte, gestalten wollten.
Natürlich habe ich Ralf Dufner, Christine und Wolfgang Ockenfels, und Maleen Kerp aus der Kölner Gruppe gefragt, ob ich hier davon schreiben darf, Ferdi Mertens, der auch zur Gruppe gehört, war leider verhindert. Und diesen Vorschlag zu einer Gruppe und die Ergebnisse der Umsetzung wollten wir gerne weitergeben.
Ein paar Überlegungen, die über die „Gruppe“ hinausgehen, möchte ich anfügen:
Ein Erstes: Die Gruppe ist die kleinste Form der Gemeinschaft in der GCL. Sie ist zugleich Ort und Methode, in die Lebensweise der GCL hineinzuwachsen. Damit Leben Wachstum wird, braucht es „Krisen“ und „Grenzen“, sonst bliebe alles beim Alten. Von daher ist es sicher gut, wenn Konflikte und Tabus, die in der Gruppe, aber auch und vor allem im Leben der einzelnen auftauchen, zur Sprache kommen. Das müssen nicht gleich die großen Lebensentscheidungen sein – die „Absprachen“ in unserer Gruppe zeigten, wie weit das Feld dessen sein kann, wo ein Ruf in ein Mehr an Leben an unseren selbst gesetzten Grenzen ins Leere gehen konnte. Aber auf das „Erkennen“ muss ein Ausprobieren, ein Tun und Verändern folgen, damit eine der GCL entsprechende Lebensweise neu eingeübt werden und kann. Kleine Experimente können dazu ein Weg sein, Experimente, die die einzelnen tun und davon erzählen, aber auch Experimente, die eine Gruppe als Ganzes versucht.
Ein Zweites: ein solches Gruppenexperiment kann sein, als Gruppe einmal einen Wüstentag zu gestalten, der dem Modell der „Straßenexerzitien“ angelehnt ist. Als Gruppe einmal gemeinsam in das „Jenseits“ der Grenzen zu gehen, die wir in den Köpfen, den Herzen, dem Handeln gesetzt haben. Am Ende eines Wüstentages „auf der Straße“ könnte z.B. mit der Gruppe (und mit anderen Gruppen zusammen) und dem Kirchlichen Assistenten zur Messfeier in einer Einrichtung der Caritas, einer Obdachloseneinrichtung o.ä. eingeladen werden. Hier kann zusammengetragen werden, was uns „auf der Straße“ neu aufgegangen ist. Es täte uns in der GCL gut, die „Sprache“ der Menschen dort zu lernen, wenn auch nur in kleinen Anfängen, und wir könnten Brücken schlagen über Grenzen hinweg, die vor dem Herrn sicher keine Grenzen sind!
Ein Drittes: hier geht es mir um die Identifikation mit der „größeren Gemeinschaft“. Sich als Gruppe einmal den europäischen und weltweiten Partnerschaften zuzuwenden, kann dem Folgen eines Rufes Gottes von „Jenseits der Grenzen“ bedeuten.
All das braucht Unterscheidung. P. Georg Mühlenbrock hat vor vielen Jahren einen Katalog der Regeln zur Unterscheidung der Geister „in einfacher Sprache“ geschrieben, sie sollen das letze Wort sein zur Einladung, Gott jenseits der selbst gesetzten Grenzen zu finden.
Die Regeln zur Unterscheidung der Geister nach P.Georg Mühlenbrock SJ
Im Allgemeinen und in der Regel spricht für die Herkunft vom Geist Gottes:
1. Wenn mir für ein Vorhaben gute Motive zur Verfügung stehen.
2. Wenn mir auch die nötige Zeit und Kraft dafür gegeben ist.
3. Wenn sich etwas gut einfügt in den Rahmen meiner anderen Aufgaben und Verpflichtungen.
4. Wenn sich etwas „wie von selbst“ mir nahe legt.
5. Wenn ich bei der Erwägung eines Vorhabens ein „gutes Gefühl“ habe, mag das Vorhaben auch noch so schmerzlich und hart für mich sein.
6. Wenn die betreffende Sache auch ästhetisch schön und anspre- chend ist.
7. Wenn ich mir gut vorstellen kann, dass auch Jesus so entschei- den und handeln würde.
8. Wenn ich mich bei einem Vorhaben „in guter Gesellschaft“ be- finde (vgl. Leben der Heiligen).
9. Wenn ein Vorhaben in mir Glauben und Vertrauen hervorruft bzw. herausfordert.
10. Wenn es der Liebe dient: Ausdruck der Liebe ist und sie stärkt.
Im Allgemeinen und in der Regel kommt nicht vom Geist Gottes und ist also nicht Wille des Geistes Gottes:
1. Was über meine Kraft geht, was mich permanent überlastet und überfordert.
2. Was nur mit äußerster Anstrengung, mit Gewalt und Krampf verwirklicht werden kann, mit viel Hast und Hektik verbunden ist und Ängste auslöst.
3. Was maßlos und verstiegen anmutet, Aufsehen erregend und sensationell auf mich und andere wirkt.
4. Was ich nur mit dauerndem Widerwillen und Ekel tun kann. 5. Was sich ordinär, primitiv und unästhetisch gibt.
6. Was kleinlich, haarspalterisch und spinnig wirkt.
7. Was keine Erdnähe hat und nicht konkret werden kann (vgl. 1 Joh 4,1 – 4: Das inkarnatorische Prinzip)
8. Was lieblos ist und sich für mich und andere destruktiv auswirkt. 9. Was nicht zu der Art und Handlungsweise Jesu passt, wie ich Ihn kennen gelernt habe.
10. Was mir den Sinn für das Gebet und die Freude daran raubt.
Harald Klein, Köln