Verw:ortet 02/2022: Rosa, Hartmut (2016): Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, 2. Aufl., (Teil I)

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Resonanz als Beziehungsmodus

Sie mögen das Gefühl kennen, mit jemandem, mit sich selbst oder mit etwas „in Resonanz“ zu sein. Wenn Sie Hartmut Rosas wort- und wissensgewaltige Untersuchung zum Begriff der Resonanz als einer Art der Weltbeziehung und der Weltaneignung studiert haben, wissen Sie: Sie kennen zwar ein Gefühl, das sich wie „Resonanz“ anfühlt, deswegen aber immer noch lange nicht „Resonanz“ ist. So gut belegt und beschrieben, wie es im 800-Seiten-Werk des in Jena dozierenden Soziologen ist, werden Sie nicht anders können als Ihr Gefühl zu revidieren – Resonanz, so Rosa, sei eine Weise, Welt zu erfahren oder sich anzuverwandeln. Sie bezeichne einen Grad der Verbundenheit mit bzw. einen Grad der Offenheit gegenüber anderen Menschen und Dingen.

Auf den ersten 300 Seiten seines Werkes untersucht Hartmut Rosa Grundelement menschlicher Weltbeziehungen. Aus diesem ersten Teil seines Werkes sind hier einige Zitate gesammelt, die hoffentlich Lust auf die Lektüre des Buches machen. Sie können die Zitate hier downloaden. Die Seitenzahlen (in Klammern nach den Zitaten) beziehen sich auf das oben angegebene Buch.

Die Zitate

„Wenn Beschleunigung das Problem ist, dann ist Resonanz vielleicht die Lösung. Das ist die auf die kürzest mögliche Formel gebrachte Kernthese dieses Buches.“ (13)

„Ob Leben gelingt oder misslingt, hängt […] einerseits von den soziokulturellen (Welt-) Verhältnissen insgesamt, andererseits aber natürlich auch vom Passungsverhältnis zwischen den individuellen Dispositionen und jenen Verhältnissen ab.“ (34)

In der Moderne gelten die drei „G“ (Geld, Gesundheit und Gemeinschaft im Sinne belastbarer und stabiler Beziehungen) als grundlegende Ressourcen, welche die Voraussetzungen für ein gutes Leben bilden – und dann unter der Hand zu den Merkmalen des guten Lebens selbst werden. (vgl. 46)

Es geht um den Grad an Verbundenheit mit und die Offenheit gegenüber anderen Menschen (und Dingen). (vgl. 53)

„Worauf es mir an dieser Stelle aber ankommt, ist die Erkenntnis, dass Resonanzbeziehungen – oder ein letztes Mal neurobiologisch gesprochen: das Feuern der Spiegelneuronen – nicht auf interpersonale Beziehungen beschränkt bleiben.“ (261)

„Resonanz […] bezeichnet ein wechselseitiges Antwortverhältnis, bei dem die Subjekte sich nicht nur berühren lassen, sondern ihrerseits zugleich zu berühren, das heißt handelnd Welt zu erreichen vermögen.“ (270)

„Subjekte wollen Resonanzen gleichermaßen erzeugen wie erfahren.“ (270)

„Resonanz ist keine Echo-, sondern eine Antwortbeziehung; sie setzt voraus, dass beide Seiten mit eigener Stimme sprechen, und dies ist nur dort möglich, wo starke Wertungen berührt werden. Resonanz impliziert ein Moment konstitutiver Unverfügbarkeit.“ (298)

„Resonanz ist kein emotionaler Zustand, sondern ein Beziehungsmodus.“ (298)

„Resonanz entsteht […] niemals dort, wo alles ‚reine Harmonie‘ ist, und auch nicht aus der Abwesenheit von Entfremdung, sondern sie ist vielleicht gerade umgekehrt das Aufblitzen der Hoffnung auf Anverwandlung und Antwort in einer schweigenden Welt.“ (322)

Köln, im Januar 2022
Harald Klein