26. Sonntag im Jahreskreis – Oger sind wie Zwiebeln – Menschen auch

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Hier ist Shrek, der Oger…

Sollten Sie Kinder im Grundschulalter haben oder vielleicht Enkel, oder selbst noch ab und an das Vorschulkind in sich entdecken, könnte es gut sein, dass Ihnen der Oger Shrek vertraut ist. Dieses grüne, menschenähnliche, übergroße und kräftige Wesen eroberte als Trickfilmfigur und tollkühner Held ab 2001 in einigen Fortsetzungen die Leinwand. Mit Hilfe eines sprechenden Esels befreit er im ersten Teil der Reihe die Prinzessin Fiona aus den Klauen eines Drachen befreit. Sie – selbst eine verzauberte Oger-Frau – wird am Ende Shrek heiraten, und nicht den Drachen-Lord, für den Shrek diese Aufgabe übernommen hat.

Auf dem Weg zur Drachenburg gibt es hier folgenden Dialog zwischen Shrek und dem Esel: Shrek: „Oger sind wie Zwiebeln.“ – Esel: „Sie stinken?“ – Shrek: „Nein, sie haben Schichten.“[1]

» Reflexion ist eine Aktivität, bei der vergangene, gegenwärtige und zukünftige Handlungen im Denken verbunden werden. Nicht der Inhalt der Gedanken, sondern der Denkprozess ist dabei entscheidend. [...] In diesem Prozess werden Handlungen vor dem Hintergrund vergangener Erfahrungen oder gesetzter Ziele beurteilt. Aus dieser Beurteilung ergeben sich Optionen und Entscheidungen über das weitere Vorgehen. «
Spenst, Dominik (2022): Das 6-Minuten Tagebuch. Ein Buch, das dein Leben verändert, 5. Aufl., Hamburg, 48.

… und hier ist das „Schichtenmodell“ von Dominik Spenst

Das Bild von den Schichten der Zwiebel ist für diesen Sonntag und für das ihm zugeordnete Evangelium von Bedeutung deswegen, weil es hilft, die Frage Jesu an die Hohenpriester und die Ältesten des Volkes zu verdeutlichen und zu beantworten. Jesus erzählt von zwei Söhnen, die der Vater beauftragt, in den Weinberg zu gehen – zweifellos, um zu arbeiten. Der erste sagt „Ich will nicht“, später reut es ihn und er geht doch. Der zweite sagt sofort sein „Ja, Herr“, geht aber nicht hin. Und jetzt die gemeine Frage Jesu: „Wer von beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt?“

In seinem – sicher nicht nur für mich überaus hilfreichen – „Erfolgsjournal“ hängt der Autor Dominik Spenst an das Bild der kleinen Unterhaltung zwischen Shrek und dem Esel zwei kleine Illustrationen; genau genommen ist es zweimal die gleiche einmal mit einem einzigen Unterschied. Stellen Sie sich drei konzentrische Kreise vor. Im Innersten steht „Warum?“, im zweiten, etwas größeren steht „Wie?“ und im dritten, dem größten, steht „Was?“

Das „Warum?“ zielt auf die eigenen Werte der Handelnden, das „Wie?“ auf die Handlungen und das Tun der Handelnden, und das „Was?“ für dessen Ziele. Dominik Spenst zeichnet nun zwei Pfeile in die Illustrationen. Der erste kommt von außen, geht vom „Was?“ durch das „Wie?“ zum „Warum?“ – dahinter steckt die Vielzahl dessen, washandelnde Menschen tagtäglich anstreben, , wie sie dadurch handeln und ins Tun kommen, und mit viel Fantasie lässt sich erahnen, warum sie es tun, indem man Rückschlüsse auf das ziehen kann, was ihnen (vielleicht?) wichtig ist, was ihnen ein Wert ist.

Der zweite Pfeil in der zweiten Illustration ist genau entgegengesetzt. Er beginnt innen beim „Warum?“, setzt bei dem an, warum jemand ins Handeln kommt. Es geht um einen bewussten Wert, der den Handelnden eben in Bewegung setzt. Im „Wie?“ geht es die Ausführung, um das Tun und um die Frage, wie dieser Wert umgesetzt werden soll und wie ihn der Handelnde mit Fleisch füllt. Und das „Was?“ steht für die Ziele, die jetzt nicht mehr Ursprung, sondern Früchte sind. Es gehört in den Lernprozess des „Erfolgsjournals“, dass dieses „Was?“ eine gute Zeit – hier: 66 Tage – wiederholt werden muss, damit es eine Gewohnheit wird, aus der heraus der Wert im Alltag und im alltäglichen Leben dauerhaft gelebt und erlebt wird und damit das Ziel lebendig bleibt.

» Um sich nicht in der eigenen Perspektive zu verfangen und in alten Denkmustern zu verharren, ist es äußerst hilfreich, das eigene Verhalten regelmäßig aus der Vogelperspektive zu betrachten. Wer langfristig glücklich sein möchte, muss sich kontinuierlich verändern. Unsere Emotionen agieren oftmals wie Zwangsjacken, die jegliche Veränderung bekämpfen. Sie lenken uns in eine bestimmte Richtung, ohne dass wir uns darüber bewusst sind. Bewusste Selbstreflexion kann hier der Startpunkt der Veränderung sein. Sie erlaubt dir, die Fähigkeit zu entwickeln, dich nicht mit deinen Gefühlen zu identifizieren. «
Spenst, Dominik (2022): Das 6-Minuten Tagebuch. Ein Buch, das dein Leben verändert, 5. Aufl., Hamburg, 49.

Jetzt nochmal die Frage Jesu

Nochmal zur Erinnerung: Jesus erzählt von den zwei Söhnen, die der Vater beauftragt, in den Weinberg zu gehen – zweifellos, um zu arbeiten. Der erste sagt „Ich will nicht“, später reut es ihn und er geht in den Weinberg. Der zweite sagt sofort sein „Ja, Herr“, geht aber nicht hin. Und jetzt die gemeine Frage Jesu: „Wer von beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt?“

In oben beschriebenen „Dreiklang aus Werten, Zielen und Gewohnheiten“[2] können Sie unschwer erkennen, dass es vor allem das „Warum?“ ist, das die beiden Brüder so grundverschieden antworten lässt.

Und jetzt lassen Sie mal die Frage Jesu an Sie gerichtet sein: „Wer von Euch erfüllt den Willen meines Vaters?“ Man könnte es sich sehr leicht machen und das „Warum?“ mit den Kirchengeboten und der kirchlichen Lehre füllen. Freitags kein Fleisch, kein Sex vor der Ehe, Barmherzigkeit und Nächstenliebe – dann wird das „Wie?“ und das „Was?“ zwar leicht bestimmbar, aber nicht einfach lebbar. Und man könnte meinen, von dem, was man im „Was?“ sieht, könnte man auf das „Warum?“ rückschließen. Aber Achtung: der, der so handelt, ist ein Mann der Kirche, noch kein Mann Gottes – das gilt selbstverständlich vice versa auch für alle anderen Geschlechter.

Der authentischere und menschlich ehrlichere Weg geht umgekehrt. Sie können sich im „Warum?“ nach Ihren Wertenfragen[3] und dort Ihren Ausgangspunkt wählen. Mag sein, dass die Werte, die Sie in Ihrer Kirchenlaufbahn gelernt haben, immer noch dazu gehören, mag sein, dass Sie mit diesen Werten nicht mehr viel anfangen können, dann dürfen Sie diese Werte getrost über Bord werfen. Im zweiten Schritt fragen Sie im „Wie?“ nach den konkreten Wegen der Umsetzung, den Handlungen, mit denen Sie Ihren Werten Geltung verschaffen wollen; wieder gilt: Mag sein, dass die Handlungsmuster, die Ihnen in Ihrer Kirchenlaufbahn als wichtig und richtig vorgestellt wurden, immer noch erstrebenswert scheinen, mag sein, dass Sie sich von ihnen entfernt haben, dann dürfen Sie auch diese Handlungsmuster getrost über Bord werfen. Im dritten Schritt fragen Sie im „Was?“ nach Ihren Zielen, mittels derer Sie Ihren Werten und durch Ihr Handeln Fleisch geben. Und ein drittes Mal gilt: Mag sein, dass die Ziele, die Sie in Ihrer Kirchenlaufbahn gelernt haben, immer noch dazu gehören, mag sein, dass Sie mit diesen Ziele nicht mehr viel anfangen können, dann dürfen Sie diese Ziele getrost über Bord werfen.

Um die Frage Jesu zu beantworten, wer den Willen seines Vaters erfülle, setzen Sie bitte nicht bei den bloßen Gewohnheiten an! Der entscheidende Punkt ist die Frage nach den Werten, und danach, ob Sie mit der Botschaft, mit Leben und Sterben Jesu vereinbar sind. Wenn das der Fall ist, suchen Sie sich Ziele und entwickeln Sie Gewohnheiten, anhand derer diese Werte Fleisch gewinnen, lebendig werden. Wenn das fehlt, hat der Wert keine Geltung! Dann mag er im Tagebuch oder auch im Erfolgsjournal stehen, mag beschrieben oder gelesen werden, gelebt ist er damit noch nicht! Es ist das Leben, das mit dem Willen Gottes korrespondiert!

Spätestens hier wird sichtbar: Oger haben Schichten, Menschen aber auch! Wer den Willen Gottes erfüllen will, kann das nur „gesamt-schichtig“ tun!

Amen.

Köln, 29.09.2023
Harald Klein

[1] zitiert in: Spenst, Dominik (2021): Das 6-Minuten Erfolgsjournal. Ziele erreichen, die das Leben erfüllen – nicht den Terminkalender, 5. Aufl., Paderborn, 24.

[2] a.a.O., 25.

[3] natürlich finden Sie in Dominik Spensts „Erfolgsjournal“ auch dazu eine hilfreiche Anleitung, vgl. a.a.O., 53-63.